Fragen und Antworten
Einige - zum Teil "provokante" - Fragen
- Ist nicht das Ziel der gesellschaftlichen Integration in das Berufsleben
das Wesentliche? Warum schon bei Kindern mit der Integration beginnen?
- Können die Kinder mit Behinderung nicht in Sonderschulen bzw. Fördereinrichtungen,
die speziell qualifiziertes Personal haben, in jedem Fall viel besser gefördert
werden?
- Kann überhaupt eine soziale Integration von Kindern mit Behinderungen
in Regelgruppen oder - Klassen stattfinden? Was können diese Kinder
voneinander lernen?
- Lernen die Nichtbehinderten genug, wenn sie mit Schülern, die einen
besonderen Förderbedarf haben, zusammen in derselben Klasse sind?
- Werden Schüler mit Behinderung nicht ständig einer leistungsmäßigen
Überforderung ausgesetzt, wenn sie mit Nichtbehinderten gemeinsam in einer
Klasse lernen?
- Bedeutet es nicht ein ausgesprochen großes Maß an Mehrarbeit für
LehrerInnen und ErzieherInnen, in Integrationsklassen oder -gruppen zu arbeiten?
- Existiert eine Grenze der Integrierbarkeit von Menschen mit Behinderungen -
und wenn ja, worin besteht die Begrenztheit ?
- Wie sollen Menschen mit und ohne Behinderung im beruflichen Alltag
miteinander umgehen, wenn sie es nicht schon von Kindheit an gelernt haben?
-
Steht die geforderte Lernzielgleichheit - s. Integrationsverordnung Sachsen - einer Integration (hör-)behinderter Kinder an Mittelschulen und Gymnasien entgegen?
-
Werden Chancen und Risiken der Integration einerseits durch die Eltern emotional und subjektiv, andererseits durch die Behörden sachlich und objektiv beurteilt?
Der Versuch einiger - "unvollständiger" - Antworten
- Das eigentliche Ziel der Integration ist, daß eine Aussonderung
irgendwelcher Menschen von vornherein ausgeschlossen wird
- Integration kann nicht nur als ein Mittel, als eine Methode verstanden
werden. Sie ist unter den bestehenden gesellschaftlichen Bedingungen als Lebens-
und Daseinsform zu verstehen, für die sich die Gesellschaft entscheiden
kann.
- Die Grenzen schulischer Integration werden eher von den allgemeinen
schulischen Rahmenbedingungen, von der Qualifikation der MitarbeiterInnen und
der personellen und materiellen Ausstattung der Schule abhängen, als daß
sie bei den (hör-)behinderten Kindern selbst liegen.
- Unsere Schule muß zukünftig eine Schule werden, in der alle
Kinder optimal gefördert werden, d.h. Ausbau des differenzierten
Unterrichts, Betonung wirklichkeitsorientierten, aktiven und selbstständigen
Lernens, Entwicklung des sozialen Lernens, also des Handelns der Kinder
untereinander.
- Die Leistungen der nichtbehinderten Kinder in Integrationsklassen sind
genausogut oder besser als die Leistungen derjenigen Kinder in Regelklassen.
Integrationsklassen weisen eine funktionierende Sozialstruktur auf, wobei die
Kinder mit Behinderung nicht ausgesondert, sondern überwiegend integriert
sind.
- Die vor allem zu Beginn notwendige Mehrarbeit für das Unterrichten in
Integrationsklassen wird mehr als aufgewogen durch eine deutlich höhere
Zufriedenheit der LehrerInnen.
- In Integrationsgruppen oder -klassen können Kinder mit und ohne
Behinderung in ihrem gemeinsamen Tun wechselseitig zum Modell füreinander
werden: Die Kinder mit Behinderung lernen von den Nichtbehinderten
Verhaltensweisen und Fertigkeiten, über die sie aufgrund ihrer Behinderung
nicht selbstverständlich verfügen. Die nichtbehinderten Kinder lernen
von den bzw. durch die Kinder mit Behinderungen, sich gegenseitig zu helfen und
auf andere Rücksicht zu nehmen. Nur im gleichberechtigten Miteinander
werden Vorbehalte und Vorurteile auf beiden Seiten abgebaut.
- Individuelle "Nachteilsausgleiche" und Hilfen als Grundlage der
speziellen Förderung jedes Kindes können unterschiedliche Leistungsmöglichkeiten
und Leistungen vergleichbar machen, kein Kind wird überfordert, aber alle
erhalten mehr und breitere Anregungen.
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Integration ist und bleibt eine Herausforderung für alle Beteiligten. Die integrierten (hör-)behinderten Kinder leisten dabei die Hauptarbeit und bedürfen einer individuellen Unterstützung durch Eltern, Begleitungslehrer und Regelschulpädagogen.
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Übertriebener Ehrgeiz der Eltern und Unsicherheit in den Mitteln (Methodik, Hilfen, Leistungsbewertung, ...) auf Seiten der Regelpädagogen lassen sich nur auf "Augenhöhe" gemeinsam bekämpfen.
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Die Integration (hör-)behinderter Kinder in die Regelschule kann selbst dann scheitern, wenn sich alle optimal dafür einsetzen - eine Garantie gibt es nicht. Sie wird bereits dann scheitern, sobald sich ein Beteiligter verschließt.
Hörgeschädigte, Eltern und Freunde Dresden e.V., 01.01.2016