Dresden-Marathon 2005
Genau vor einem Jahr hatte mein Papa beim 6. Dresden-Marathon zugeschaut. Da bekam er wieder Lust zum Laufen. Er überredete
mich, mitzulaufen. Zuerst liefen wir sechs Kilometer. Aber nach achtminütigem Rennen legten wir immer eine zweiminütige Pause
ein. Ich konnte mir nicht vorstellen, mal zehn Kilometer zu rennen, denn ich war total kaputt. Nun liefen wir einmal
wöchentlich. Im Sommer schaffte ich zum ersten Mal zehn Kilometer. Während des Laufens gab mir Papa zu trinken, aber auch
Traubenzucker. Eine Pause machten wir nicht mehr. Wir wechselten die Strecke und liefen auch im Nötnitzgrund. Dort ist es
bergig und schwieriger. Unser Rekord liegt bei 62 Minuten.
Papa meldete uns beim Dresden-Marathon an, mich für 10 Kilometer
und er sich selbst für den Halbmarathon. Endlich kam der 23. Oktober. An diesem Tag bin ich schon gegen 6.00 Uhr aufgewacht.
Um die Unruhe zu vergessen, las ich in meinem Lieblingsbuch. Ich war total aufgeregt und dachte: "Hoffentlich schaffe ich die
10 Kilometer". Für die Zeitnahme bekamen wir einen Champion Chip. Man musste ihn mit in den Schnürsenkel festbinden. Das
Wetter war angenehm warm, so dass man in kurzen Sachen Laufen konnte. Als wir zum Start beim Kongresszentrum liefen, standen
schon die meisten Läufer bereit und wir mussten uns ganz hinten im Feld einordnen. Als der Startschuss fiel, war ich immer
noch aufgeregt. Wir brauchten ungefähr drei Minuten, um zur Startlinie zu gelangen. Anfangs mussten wir viele Walker und
langsame Läufer überholen. Beim Laufen war die Aufregung weg. Viele Zuschauer standen am Rand. Sie jubelten und klatschten.
Am Anfang war Papa mein Begleiter. Jedoch am Abzweig musste ich mich von ihm trennen. Jetzt hatte ich mein Tempo gefunden und
ich spürte eine angenehme Ruhe.
Während ich über die Augustusbrücke lief, wehte mir ein kalter Wind wie eine Erfrischung
ins Gesicht. Nun kam ich an meiner Schule, dem St. Bennogymnasium, vorbei. Ich freute mich, dass ich noch Ferien hatte. Jetzt
bemerkte ich erst, dass ich stark schwitzte. Meine Haare und mein Bauch waren feucht. Viele Läufer trugen Gürtel mit
Trinkflaschen. Mein Durst wurde immer größer. Neidisch schielte ich auf die Flaschen. Glücklicherweise kam ein Versorgungsstand.
Während des Laufens nahm ich mir einen Becher mit Wasser, der meinen Durst löschte. Das Wasser schmeckte wie die beste Limo
der Welt. Nicht jeder Läufer hatte ein normales Laufdress an. Ein Pärchen hatte sich als Bienen verkleidet. Auf dem Kopf
wackelten die Fühler und am Rücken wehten die Flügel. Das Laufdress war gestreift. Sogar ein Eislöwe rannte mit. Dieser Löwe
musste in seinem Fellkostüm schwitzen. Den riesigen trug er ab und zu unter dem Arm, damit er wieder frische Luft bekam. Der
Löwenschwanz wackelte lustig im Wind.
Endlich war die Hälfte geschafft. Schilder, die an der Strecke standen, zeigten jeden
vollen Kilometer an. Einige Polizisten und Krankenautos standen am Rand bereit. Mit Blick auf die Frauenkirche rannten wir in
Richtung des Kongresszentrums. Die Zuschauer klatschten und feuerten uns an. Manche hielten Plakate hoch, auf denen stand:
"Axel, du schaffst es!" oder "Rolf ist der Schnellste!" Sogar verschiedene Bands feuerten uns an. Durch die rhythmischen
Trommelklänge liefen meine Beine wie von selbst. Auch Sambamusik drang an mein Ohr. Ungefähr beim siebenten Kilometer wurde
mir die Strecke lang und ich spürte Langeweile. Aber ich sagte mir: "Du musst es schaffen!" Jetzt erst bemerkte ich, dass nur
sehr wenige Kinder mitliefen. Lustlos kam ich an Kilometer acht vorbei. In meinem Gehirn breitete sich eine unangenehme Leere
aus.
Plötzlich sah ich das Schild:"Noch 1 Kilometer". Jetzt veränderte sich alles und ich gab Gas. Die Zuschauer lärmten
mit Ratschen, sie klatschten und schrieen:"Schneller, schneller... Du hast es bald geschafft...!" Nun kam die Zielgerade.
Die Zeitanzeige über dem Ziel zeigte 1:01:04. Mit letzter Kraft und Affentempo pfiff ich durchs Ziel. Sofort überreichte mir
ein hübsches Mädchen eine Medaille. Ich war stolz und freute mich, dass ich es geschafft hatte. Meine Laufzeit war 58 Minuten.
Ich hatte großen Durst und bediente mich reichlich am Versorgungsstand. Nun war ich sehr erleichtert, dass ich es geschafft
hatte. Nächstes Jahr will ich wieder starten.
(Sebastian H.)